Einvernehmliche Ehescheidung

Durch Film und Fernsehen, aber auch durch die früher überwiegende Praxis, ist das gängige Bild, dass sich die meisten von einer Scheidung machen, geprägt: Nämlich als streitige Scheidung, bei der die „Fetzen fliegen“ und beide Ehepartner keine Kosten und Mühe scheuen, es der anderen Seite noch einmal so richtig heimzuzahlen.

Zum Glück kann es auch anders gehen. Sofern die Ehepartner noch in der Lage sind, miteinander zu reden und – eventuell unter Mithilfe eines Mediators oder eines Anwaltes – gemeinsame Lösungswege zu erarbeiten, ist, insbesondere wenn Kinder vorhanden sind, zu überlegen, ob eine einvernehmliche Scheidung in Frage kommt.

Bei einer einvernehmlichen Ehescheidung können die Ehepartner nicht nur Nerven, sondern oft auch einiges an Geld sparen und haben außerdem die Möglichkeit, auf ihre Situation individuell zugeschnittene Regelungen zu vereinbaren.

Die einvernehmliche Ehescheidung kann mit Hilfe von je einem Anwalt pro Ehepartner erfolgen. Bei noch vorhandener Vertrauensgrundlage zwischen den Eheleuten ist aber auch die Stellung des Scheidungsantrages mit nur einem Anwalt möglich. Dies hat Kostenvorteile, jedoch ist nur einer der Ehepartner der Mandant des Anwaltes (aus anwaltsberufsrechtlichen Gründen), weshalb der andere im Gerichtsverfahren keine eigenen Anträge stellen kann. Dies ist aber auch nicht notwendig, wenn alle rechtlich zu klärenden Punkte bereits vorher geregelt wurden und auch Einigkeit darüber besteht, dass die Ehe geschieden werden soll. Sollte der andere Ehepartner bei dieser Vorgehensweise das Gefühl bekommen, seine Interessen würden nicht berücksichtigt, kann er sich z.B. kurz vor Abschluss einer Vereinbarung zu den Scheidungsfolgen von einem weiteren Anwalt zur Absicherung beraten lassen.

Im Folgenden finden Sie Informationen zu den wichtigsten Fragen, die sich bei einer Scheidung stellen.

Trennungszeit

Vor Antrag auf Scheidung: mindestens ein Jahr (kürzer nur bei einem Härtefall, also etwa bei schweren körperlichen Misshandlungen), wobei Trennung innerhalb der Wohnung auch möglich ist, wenn die Lebensbereiche getrennt sind und nicht mehr gemeinsam gewirtschaftet wird.

Sind sich beide Eheleute über einen frühen Zeitpunkt der Trennung einig, kann dies die Wartezeit zum Scheidungsantrag verkürzen.

Kosten der Scheidung

Der Streitwert und damit die Kosten der Scheidung richten sich nach dem dreifachen gemeinsamen Nettomonatseinkommen beider Ehepartner. Besondere laufende Belastungen, also z.B. Kreditraten für gemeinsamen Hausrat oder Wohneigentum können Berücksichtigung finden.

Beispiel: Die Ehepartner haben zusammen € 6.000 Nettoeinkommen in drei Monaten, daraus ergeben sich Gerichtskosten und Anwaltskosten. Im Beispiel wäre eine Anwaltsgebühr dann € 338, eine Gerichtsgebühr € 136. Für die gesamte Scheidung fallen bei Anwalt und Gericht jeweils 2 Gebühren an (3 Gebühren nur bei streitiger Scheidung, wenn Beweis erhoben werden muss). Ist noch ein Eilverfahren wegen des Unterhalts notwendig, erhöht das die Kosten. (Zur Berechnung von Anwaltsgebühren siehe auch unser Artikel „Gebühren und Kosten – wieviel kostet mein Recht“.)

Scheidungsfolgenregelung

Für die einvernehmliche Scheidung ist es notwendig, dass sich die Ehepartner über die Scheidungsfolgen einigen. Sie können weitgehend selbst bestimmen, welche Regelungen über Zugewinnausgleich, ggf. Kindes- und Ehegattenunterhalt, Versorgungsausgleich, Hausrat und Ehewohnung getroffen werden sollen. Eine dann gefundene Scheidungsfolgenregelung kann beim Scheidungstermin bei Gericht protokolliert werden; dann ist hierfür ein zweiter Anwalt zum Gerichtstermin notwendig (eventuell ein „Fluranwalt“ zu geringer Gebühr).

Eine Regelung kann auch bereits während der Trennung als Ehevertrag notariell beurkundet werden (die notarielle Beurkundung ist dann zu empfehlen, wenn Regelungen enthalten sind, die schon vor der Scheidung gelten soll, etwa über Unterhalt während der Trennung).

Wichtig: Die notarielle Beurkundung über die Scheidungsfolgen sollte unbedingt frühzeitig (ein Jahr vor Scheidungsantrag) erfolgen, wenn die Eheleute keinen Ausgleich ihrer Rentenanwartschaften (sogenannter Versorgungsausgleich) wünschen. Wird die Wartezeit nicht eingehalten, so muss mit dem Scheidungsantrag beantragt werden, dass der Ausgleich der Rentenanwartschaften nicht durchgeführt werden soll. Die Entscheidung darüber obliegt dann dem Richter und wird nur in bestimmten Fällen genehmigt.

Versorgungsausgleich

Der Versorgungsausgleich findet nach dem Gesetz immer für die gesamte Ehezeit statt (wichtig: hier gilt der Monat der Zustellung des Scheidungsantrags beim Ehepartner, nicht Zeitpunkt der Trennung! Dies kann zu unerwünschten Ergebnissen führen, wenn die Eheleute über viele Jahre nur getrennt waren, ohne sich scheiden zu lassen).

Der Versorgungsausgleich kann unter Umständen nicht gewollt sein, wenn einer der Partner zwar geringere Anwartschaften hat (z.B. Selbständiger ist, der immer nur minimale oder keine Rentenbeiträge entrichtet hat ) aber anderweitig eine gute Altersvorsorge getroffen hat (Immobilien, Wertpapiere, Lebensversicherungen). Dieser hätte gesetzlich dann einen Ausgleichsanspruch, wenn der Partner mehr Anwartschaften hat – aber dieser verfügt vielleicht über keinerlei eigene Rückstellungen durch Wertpapiere und sonstiges Vermögen.

Wenn beide Ehepartner voll berufstätig waren während der Ehezeit und über eine ausreichende Altersabsicherung verfügen oder wenn die Ehe nur von kurzer Dauer war, wird häufig ebenfalls auf den Versorgungsausgleich verzichtet.

Zugewinnausgleich

Nach dem Gesetz wird das Endvermögen der Eheleute festgestellt. (Achtung: hier ist Stichtag der Tag der Zustellung des Scheidungsantrages beim anderen Ehepartner!) Vom Endvermögen wird das Eheanfangsvermögen abgezogen. Jeder der Ehepartner erhält die Hälfte. Von während der Ehezeit gemachten Erbschaften oder Schenkungen auf das Erbteil wird „nur“ der Wertzuwachs zwischen den Ehegatten geteilt. Wer seine Vermögensmasse in anderer Weise teilen will, braucht eine vertragliche Regelung hierüber (Scheidungsfolgenvereinbarung oder Ehevertrag). (Siehe auch unser Artikel über Eheverträge)

Unterhalt für den Ehepartner

Während der Trennung besteht die gleiche Pflicht wie während der Ehezeit zur gegenseitigen finanziellen Unterstützung. Nach der Scheidung hat jeder dem Grundsatz nach selbst für sich zu sorgen. Folgende Ausnahmen gelten von diesem Grundsatz:

1. Erziehung kleiner Kinder (aber nur dann keine Pflicht zur Arbeit, wenn während der Ehe auch keiner (weiteren) Beschäftigung nachgegangen wurde).

Faustregel: jüngstes Kind unter sieben Jahre: keine Pflicht zur Erwerbstätigkeit. Jüngstes Kind unter 14 Jahre: nur Pflicht zur Teilzeit. Danach: volle Arbeitsverpflichtung, es sei denn, behinderte Kinder oder besondere andere Betreuungsbedürftigkeit liegt vor.

2. Alter oder Krankheit, Arbeitslosigkeit (nur für angemessene Zeit).

3. Überbrückungsunterhalt – Je länger die Ehezeit, um so länger besteht hier die Pflicht zur Überbrückung; der Ehegatte mit geringerem Einkommen soll nicht sofort seine in der Ehe gewohnten Lebensumstände verlieren.

Dem Unterhaltszahlenden (wenn berufstätig) verbleibt immer ein Selbstbehalt von € 1000 zu seiner eigenen Verwendung. Die Partner können hier aber auch vertraglich jede andere denkbare Regelung treffen vom Verzicht auf Unterhalt bis zur Festlegung bestimmter Mindest- oder Höchstbeträge.

Kindesunterhalt

Dieser wird gesetzlich über die sog. “Düsseldorfer Tabelle“ nach Einkommenshöhe und Kindesalter ermittelt. Die Eltern können nicht zum Nachteil der Kinder darüber Verzichtserklärungen treffen, es ist aber möglich, einen höheren Kindesunterhalt vereinbaren, wenn dafür z.B. kein oder nur ein geringer Ehegattenunterhalt gezahlt wird.

Das Kindergeld wird nach der gesetzlichen Regelung hälftig geteilt, das heißt dem Unterhaltszahlenden zur Hälfte angerechnet. Seit dem 01.01.2001 wird diese Anrechnung zu Gunsten des Unterhaltszahlenden jedoch nur durchgeführt, wenn für das Kind danach der Betrag des gesetzlichen Existenzminimums verbleibt (je nach Alter zwischen € 254 und 420). Häufig wird die private vertragliche Regelung getroffen, dass das Kindergeld bei dem Elternteil verbleibt, der die Kinder hauptsächlich betreut.

Der Zahlende hat gegenüber Kindern nur einen Selbstbehalt von in der Regel € 900 (bzw. € 770, wenn er kein Erwerbseinkommen hat). (Anmerkung: Alle genannten Beträge werden alle 2 Jahre angepasst.)

Sorgerecht

Nach neuem Recht ist dies nicht mehr, wie früher oft, der große Streitpunkt, da zumeist die gesetzliche Regelung der gemeinsamen Sorge für die Kinder beibehalten wird. Hier braucht es jetzt triftige Gründe, um das alleinige Sorgerecht zu bekommen.

Sinnvoll kann es aber sein, wenn die Ehepartner gemeinsam konkret besprechen, wann die Kinder wo sind, wer welchen Anteil der Ferien übernimmt, wie der reguläre Umgang ablaufen soll – wenn gewünscht, können die Partner dies auch schriftlich festhalten.

Hausrat

Die Ehepartner müssen auch über die Verteilung der Haushaltsgegenstände eine Regelung treffen – können sie sich nicht einig werden, nimmt der Richter die Verteilung vor (ohne zu wissen, welche „Lieblingsstücke“ wer hat, was wem von beiden fehlt). Überlässt man die Verhandlung darüber dem Anwalt, wird dieser dies selten ohne Honorarvereinbarung (pauschale oder stundenweise Vergütung) übernehmen –also besser selbst in ruhigerer Stunde verteilen und ein schriftliches Verteilungsprotokoll mit Unterschrift beider Eheleute erstellen.

Steuern

Während der Trennungszeit bleibt die gemeinsame Veranlagung bestehen, sofern in dem betreffenden Jahr eine kurze Zeit des gemeinsamen Wirtschaftens angegeben werden kann. Auch im Jahr der Scheidung haben die Eheleute unter der zuvor genannten Voraussetzung noch das Recht, sich weiterhin gemeinsam veranlagen zu lassen.

Rechtsanwältin Ute Jordan

Stand: 20.6.2007