Eingeschränkte Vertragsfreiheit in Eheverträgen
Eheverträge: durch die Rechtsprechung eingeschränkte Vertragsfreiheit
Nach dem Gesetz sind nahezu alle Vereinbarungen vertraglicher Art zwischen Ehegatten möglich, selbst Verzichtsvereinbarungen bezüglich z.B. Ausgleich des Vermögenszuwaches während der Ehe, Unterhalt und Rentenanwartschaften, die so umfassend sind, dass sie die wirtschaftlichen Folgen der Eheschließung wieder aufheben.
Folglich waren in den letzten Jahrzehnten viele Menschen zur Eheschließung unter der Bedingung eines Ehevertrag bereit, die diesen Schritt ansonsten wegen der für sie wirtschaftlich nachteiligen Folgen bei einem Scheitern der Ehe sonst vielleicht nicht ohne Weiteres oder nicht zum entsprechenden Zeitpunkt eingegangen wären.
Durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts und die darauf folgende Entscheidung des Bundesgerichtshofes aus diesem Jahr ist diese lang gewohnte Vertragsfreiheit in familienrechtlichen Belangen nun entscheidend eingeschränkt worden.
Eheverträge unterliegen demnach einer richterlichen Inhaltskontrolle und haben danach (auch rückwirkend !) keinen Bestand mehr, wenn sie nicht das Ergebnis gleichberechtigter Lebenspartnerschaft sind, sondern einem der Partner einseitig Lasten aufbürden oder die aus dem gewählten Ehemodell entstehenden Nachteile nicht nach den vorhandenen Möglichkeiten ausgleichen.
Es kommt also wesentlich auf die angestrebte und auch die tatsächlich gelebte familiäre Konstellation an. Zwei in Vollzeit Berufstätige, die sich die häuslichen Arbeiten teilen und über ähnlichen finanziellen Hintergrund verfügen, können also auch weiterhin die finanziellen Wirkungen der Ehe ausschließen.
Anders ist es, wenn sich solche Modelle im Laufe der Ehe ändern, z.B. indem Kinder geboren werden: Hier müsse, so die Rechtsprechung, im Interesse der Kinder eine vertragliche Regelung dafür sorgen, dass der die Kinder betreuende Elternteil finanziell abgesichert sei; hierbei ist jeweils der gesamte Vertragsinhalt voll überprüfbar und wird ggf. durch ein überprüfendes Gericht als sittenwidrig eingestuft.
An die Stelle der vom Gericht als unangemessen eingestuften Vereinbarung tritt dann die gesetzliche Regelung mit allen Rechtsfolgen.
Paare, die sich vor der Frage sehen: „Ehe mit Ehevertrag oder gar keine Ehe“, sollten sich gewahr sein, dass dies nach der neusten Rechtsprechung als „Ehe mit Pflichten oder gar keine Ehe“ umgedeutet werden kann, sofern nicht beide Partner im Laufe der gesamten Ehe in dem gewählten partnerschaftlichen Ehemodell verbleiben und immer ähnlich abgesichert sind.
Bei wesentlichen Änderungen des gelebten Ehemodells sollte also jeweils genau überprüft werden, ob ein vorhandener Ehevertrag den geänderten Lebensumständen in Anbetracht der Anforderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung gerecht wird, bevor dies ggf. durch richterliche Überprüfung im Falle eines Scheidungsverfahrens passiert.
Rechtsanwältin Ute Jordan
Stand: 1.6.2005