Gebühren und Kosten: Wieviel kostet mein Recht?
Die Gebühren des Anwalts – kann ich das bezahlen?
Allgemein verbreitet ist die Vorstellung, dass die Beauftragung eines Rechtsanwaltes immer kostspielig sei. Damit verbindet sich ein Unwohlsein, denn man weiß im Allgemeinen gar nicht, wie die Gebühren zustande kommen und fühlt sich deswegen manchmal als Opfer anwaltlicher Gebührenwillkür. Dieser kleine Artikel soll helfen, die Informationslücke zu schließen und Ihnen ein konkreteres Bild zu geben, welche finanzielle Belastung auf Sie zukommt, wenn Sie zum Anwalt gehen.
Scheuen Sie sich nicht, die Frage nach den zu erwartenden Gebühren mit Ihrem Anwalt frühzeitig anzusprechen, besonders wenn Sie Fragen oder Unsicherheiten darüber haben! Auch für den Anwalt ist es einfacher, wenn sein Mandant nicht mit „Bauchschmerzen“ vor ihm sitzt, weil ihm Geschichten über überzogene Gebührenrechnungen, die er im Bekanntenkreis gehört hat, im Hinterkopf herumgehen.
Die Grundlage: Keine Willkür, sondern Gesetz oder Vereinbarung
Der Anwalt kann seine Gebühren keineswegs nach seinem Gutdünken bestimmen. Vielmehr regelt ein Gesetz, das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (kurz RVG genannt – der Vorgänger bis 2004 war die BRAGO), genau, was dem Anwalt für seine unterschiedlichen Tätigkeiten zusteht. Wichtig zu wissen ist, dass es nach dem Gesetz dem Anwalt verboten ist, geringere Gebühren zu verlangen als im RVG vorgesehen. Damit soll „Dumping“ und ein Preiskampf zwischen Anwälten vermieden werden. Der Gesetzgeber wollte sicherstellen, dass monetäre Aspekte die Qualität der Rechtsberatung nicht in den Hintergrund drängen. Der Mandant soll den Rechtsanwalt seines Vertrauens wählen und nicht den, der am billigsten arbeitet.
Es gibt zwei Ausnahmen von diesem Verbot: Zum einen kann der Rechtsanwalt bei besonderen Umständen in der Person des Auftraggebers geringere als die gesetzlichen Gebühren verlangen. Das kann auf bedürftige Mandanten zutreffen oder z.B. auf Verwandte. Zum anderen können bei außergerichtlichen Angelegenheiten Honorare vereinbart werden, die niedriger sind als die gesetzlichen Gebühren.
Seit dem 1.7.2006 ist eine solche Honorarvereinbarung im außergerichtlichen Bereich sogar erforderlich, wenn es sich um eine reine Beratung, also eine Tätigkeit ohne Vertretung des Mandanten nach außen, handelt. Das RVG gibt in diesem Bereich keine festen Gebührensätze mehr vor. Üblich sind Pauschalvereinbarungen (ein festes Honorar für die Erledigung einer bestimmten Angelegenheit) oder Stundenvereinbarungen (z.B. 150 € pro Arbeitsstunde des Anwalts); diese gibt es natürlich häufig auch in Fällen, die über eine bloße Beratung hinausgehen. Auch kann man die Anwendung der vormaligen gesetzlichen Regeln vereinbaren. Solche Honorarvereinbarungen müssen zwischen Anwalt und Mandant schriftlich getroffen werden.
Bei einfachen oder vom Aufwand her klar absehbaren Fällen wird oft ein Pauschalhonorar die beste Wahl sein, zumal diese für den Mandanten den Vorteil hat, dass er von vornherein weiß, was auf ihn zukommt. In anderen Fällen ist ein Stundenhonorar häufig die fairste Regelung, da dann die Bezahlung im direkten Verhältnis zum Aufwand des Anwalts steht. Allerdings sollte die Abrechnung dann vom Anwalt so gestaltet werden, dass der Mandant nachvollziehen kann, für welche Tätigkeiten genau die angerechneten Zeiten angefallen sind.
Schließlich wird zwischen Dauermandanten (etwa Unternehmen) und Anwälten manchmal eine Rahmenvereinbarung mit Stundenhonorar oder ein Beratungsvertrag mit regelmäßigen, gleichbleibenden Zahlungen geschlossen. Der Vorteil für den Mandanten ist, dass er seine Kosten besser kalkulieren kann.
Wie werden Anwaltsgebühren berechnet?
Wenn die Gebühren nach dem RVG berechnet werden, sind sie meist abhängig vom sogenannten Gegenstandswert (der dem Streitwert vor Gericht entspricht). Der Gegenstandswert ist der objektive wirtschaftliche Wert, den die Angelegenheit für den Mandanten hat. In Fällen, wo es um die Zahlung einer bestimmten Summe geht, ist der Gegenstandswert gleich der Summe. Für andere Angelegenheiten gibt es eine Reihe von Regeln, z.B. wird in einer arbeitsrechtlichen Kündigungsschutz- sache der dreifache Monatslohn als Gegenstandswert eingesetzt.
Jedem Gegenstandswert ordnet das RVG eine bestimmte Gebührenhöhe zu, die sogenannte „einfache Gebühr“. Sie ist nicht proportional zur Höhe des Gegenstandswertes, sondern höhere Gegenstandswerte ziehen im Verhältnis niedrigere Gebühren nach sich. Einige Beispiele:
Gegenstandswert | Einfache Gebühr nach RVG |
500 € | 45 € |
2.500 € | 201 € |
10.000 € | 558 € |
Hinzu kommt die gesetzliche Umsatzsteuer, also ab dem 1.1.2007 19 %.
Wieviele der „einfachen Gebühren“ der Anwalt bekommt, richtet sich nach Art und Umfang seiner Tätigkeit. Beispielsweise bekommt der Anwalt für die außergerichtliche Vertretung der Angelegenheit seines Mandanten eine Geschäftsgebühr in Höhe von 0,5 bis 2,5 Gebühren. Ist die Angelegenheit weder überdurchschnittlich schwierig noch überdurchschnittlich umfangreich, kann höchstens eine 1,3fache Gebühr festgesetzt werden.
Beispiel:
Ein Mandant lässt sich in einem Gespräch beim Anwalt über einen Vertrag beraten, da er wissen will, was es mit dem „Kleingedruckten“ auf sich hat. Bei dem Vertrag handelt sich um die Gestaltung seines Gartens durch eine Gärtnerei, die dafür 4.000 € verlangt. Eine Vertretung nach außen soll erst einmal nicht stattfinden. Anwalt und Mandant vereinbaren, dass eine halbe Gebühr nach den früheren Regeln des RVG für das Beratungshonorar abgerechnet werden soll.
Gegenstandswert: 4.000 €
Einfache Gebühr: 252 €
5/10 davon: 126 €; hinzu kommt die Mehrwertsteuer.
Wichtig zu wissen ist noch, dass ein Rat oder eine Auskunft, die in einer ersten Beratung für einen Verbraucher (also jemanden, der den Rechtsrat in seiner Eigenschaft als Privatperson, nicht als Unternehmer einholt) erteilt wurde, auf die dann keine weitere Tätigkeit des Anwalts folgt, maximal mit 190 € zzgl. MWSt berechnet werden darf, egal wie hoch der Gegenstandswert ist und wie schwierig der Fall – es sei denn, es ist ausdrücklich etwas anderes vereinbart worden.
Abwandlung: Die Gärtnerei hat den Vertrag schon ausgeführt, der Mandant ist aber der Ansicht, dass sie dabei nicht ordentlich gearbeitet hat. Die Mängel zu beseitigen wird 2.000 Euro kosten. Der Anwalt soll die Gärtnerei anschreiben und die Forderung durchsetzen. Die Tätigkeit des Anwalts ist weder besonders umfangreich noch besonders schwierig.
Gegenstandswert: 2.000 €
Einfache Gebühr: 150 €
Das 1,3fache davon: 195 €; hinzu kommt eine Auslagenpauschale von 20 € sowie MwSt.
Für den ratsuchenden Mandanten bedeutet dies, dass es nicht unbedingt sehr teuer ist, sich erst einmal vom Anwalt beraten zu lassen, auch wenn man noch gar nicht weiß, wie die rechtlichen Aussichten in der eigenen Angelegenheit stehen.
Regeln zur Kostenerstattung
Oft muss der Mandant die Gebühren des eigenen Anwalts gar nicht tragen. Das gilt vor allem dann, wenn die Sache vor Gericht geht und man den Streit gewinnt: Dann trägt die Gegenseite sowohl die Gerichtskosten als auch die Anwaltskosten beider Parteien. Aber Vorsicht: Eine Ausnahme gilt vor dem Arbeitsgericht in der 1. Instanz; hier trägt jeder seine Anwaltskosten selbst.
Obsiegt eine Seite nur zum Teil, werden die Kosten entsprechend aufgeteilt.
Beispiel: Herr Müller klagt gegen Frau Schulze auf Zahlung von 4.000 €. Das Gericht spricht ihm nur 3.000 € zu. Herr Müller wird ¼ der Kosten tragen, Frau Schulze ¾.
Manchmal muss die gegnerische Seite auch bei Angelegenheiten, die nicht vor Gericht gelangen, die eigenen Anwaltskosten übernehmen. Dies gilt z.B., wenn Ihr Gegner im Zahlungsverzug war und Sie den Anwalt eingeschaltet haben. (Aber: wenn der Anwalt das erste Mahnschreiben schickt, wird der Gegner oft erst dadurch in Verzug gesetzt und muss die Anwaltskosten dafür nicht übernehmen!) Auch wenn die Tätigkeit des Anwalts durch ein vertrags- oder rechtswidriges Verhalten der anderen Seite bedingt war, wird sie im Allgemeinen die Kosten übernehmen müssen.
Schließlich ist man die Sorge um die Gerichts- und Anwaltsgebühren natürlich los, wenn man eine passende Rechtsschutzversicherung abgeschlossen hat. Allerdings decken Rechtsschutzversicherungen nicht alle Fälle ab. Wenn Sie eine Rechtsschutzversicherung haben, bringen Sie auf jeden Fall Ihre Versicherungspolice und die Vertragsbedingungen mit zur ersten Beratung bei Ihrem Anwalt, damit dieser ermitteln kann, ob Ihre Versicherung einstandspflichtig ist, und gegebenenfalls gleich die Versicherung anschreibt, um eine Deckungszusage zu bekommen.
Wenn Sie beabsichtigen, eine Rechtsschutzversicherung abzuschließen, sich aber über die ihnen vorliegenden Angebote unschlüssig sind, kann es vorteilhaft sein, Ihren Anwalt um seinen Rat zu fragen. Er kann Ihnen die Bedeutung der Versicherungsklauseln genau erläutern und hat vielleicht sogar persönliche Erfahrung mit der Leistungsbereitschaft verschiedener Versicherungsgesellschaften.
Kann ich zu meinem Recht kommen, obwohl meine finanzielle Lage schlecht ist?
Für wirtschaftlich bedürftige Bürger stellen sich die obigen Fragen nach den Kosten der Rechtsverfolgung in verschärftem Maße. Da nach dem Grundgesetz jedem der Rechtsweg offen stehen soll, hat der Gesetzgeber für diese Fälle die Beratungs- und Prozesskostenhilfe vorgesehen. (Früher hießen diese „Armenrecht“.) Die Beratungshilfe greift in Fällen ein, wo außergerichtliche Beratung und Vertretung erforderlich ist, die Prozesskostenhilfe spielt für Gerichtsverfahren die gleiche Rolle.
Beratungshilfe
Wirtschaftlich schwache Rechtssuchende können bei einem Amtsgericht Beratungshilfe beantragen. Dort wird zunächst die wirtschaftliche Lage des Antragstellers überprüft. Dafür müssen aktuelle Belege über Einkommen, Arbeitslosengeld oder Sozialhilfe sowie der Mietvertrag oder andere Belege, aus denen sich laufende Belastungen ergeben (etwa ein Ratenkreditvertrag) vorgelegt werden. Wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, kann in ganz einfachen Fällen das Amtsgericht eine Auskunft erteilen. Sonst bekommt der oder die Rechtssuchende einen „Berechtigungsschein für Beratungshilfe“, mit dem er zu einem Rechtsanwalt seiner Wahl gehen kann. Er muss dann dem Rechtsanwalt nur 10 € aus der eigenen Tasche zahlen, die weiteren Gebühren erhält der Anwalt aus der Staatskasse.
Wenn Sie sich ein Bild machen wollen, ob Sie selbst möglicherweise berechtigt wären, Beratungshilfe zu bekommen, schauen Sie sich bitte unser Berechnungsbeispiel unter Prozesskostenhilfe an.
Prozesskostenhilfe
Die Prozesskostenhilfe greift ein, wenn jemand einen Rechtsstreit führen möchte, sich dies aber wirtschaftlich eigentlich nicht leisten kann. Der Antrag kann mit Hilfe eines Rechtsanwaltes (dessen Gebühren dafür gegebenenfalls von der Beratungshilfe getragen werden können) ausgefüllt werden; er enthält im Grunde die gleichen Angaben und Unterlagen wie bei der Beratungshilfe. Außerdem muss ein Entwurf der Klage, die man erheben möchte, eingereicht werden. Das Gericht prüft dann nicht nur die Bedürftigkeit des Antragstellers, sondern auch, ob die Sache eine hinreichende Erfolgsaussicht hat.
Im Gegensatz zur Beratungshilfe gibt es bei der Prozesskostenhilfe auch die Möglichkeit, dass der Antragsteller, wenn er ein bestimmtes Einkommen überschreitet, zwar nicht die volle Unterstützung erhält, aber die anfallenden Rechtsanwaltsgebühren und Gerichtskosten nur in monatlichen Raten zahlen muss. Die Höhe der Raten wird wiederum von der Höhe des Einkommens bestimmt, das dem Antragsteller zur Verfügung steht. Bei sehr hohen Kosten wird der Gesamtbetrag außerdem auf einen Höchstsumme begrenzt.
Durch die Prozesskostenhilfe werden die Gerichtskosten und die Gebühren des eigenen Anwalts abgedeckt.
Achtung: Im Falle des Unterliegens vor Gericht muss auch der oder die Prozesskostenhilfeberechtigte die Gebühren des gegnerischen Anwalts tragen, und zwar in voller Höhe, ohne Ratenregelung.
Berechnungsbeispiel für Beratungs- und Prozesskostenhilfe
Achtung: Das Berechnungsbeispiel dient nur zur Illustration und berücksichtigt nicht die laufenden Änderungen im PKH-Recht, die sich durch die mindestens einmal jährlich erfolgenden Änderungen der Freibeträge ergeben. Einen PKH-Rechner auf dem aktuellen Stand eines Fremdanbieters zum kostenlosen Download finden Sie unter Prozeßkostenhilfe.
Herr Meyer hat eine Streitigkeit mit seinem Vermieter, der ihm die Kündigung angedroht hat. Herr Meyer fühlt sich dieser Angelegenheit rechtlich nicht gewachsen und würde gerne einen Rechtsanwalt aufsuchen. Da die Meyers zur Zeit eher knapp bei Kasse sind, möchte Herr Meyer gerne wissen, ob er Beratungshilfe beanspruchen kann.
Herr Meyer hat eine Frau und einen Sohn. Seine Frau ist nicht berufstätig.
Folgende Berechnung wird beim Amtsgericht durchgeführt werden:
Herr Meyer hat ein Nettoeinkommen von | 1.500 € |
Davon kann er abziehen: | |
Einen Festbetrag für seinen eigenen Unterhalt* | 380 € |
Denselben Betrag für seine Ehefrau* | 380 € |
Einen Betrag für den Unterhalt seine Sohnes* | 266 € |
Mietkosten incl. Nebenkosten | 430 € |
Beiträge für gesetzlich vorgeschriebene oder „angemessene“ Versicherungen, in Herrn Meyers Fall eine KfZ-Haftpflichtversicherung | 70 € |
Herr Meyer könnte noch „mit der Erzielung des Einkommens verbundene notwendige Ausgaben“ und „Beträge für besondere Belastungen“ abziehen, aber dies trifft für ihn nicht zu. Daher lautet das Ergebnis: | -26 € |
*Diese Beträge sind festgelegt und ändern sich jährlich durch Anpassung an die Geldentwertung. Die hier angegebenen Beträge galten vom 1.7.2005 bis 30.6.2006. Die aktuellen Beträge können im Internet z.B. auf den Homepages des Bundes- oder mancher Landesjustizministerien gefunden werden, beispielsweise hier: http://www.bmjv.de/DE/Themen/GerichtsverfahrenUndStreitschlichtung/Prozesskostenhilfe/Prozesskostenhilfe_node.html
Ergebnis:
Herr Meyer kann Beratungshilfe beantragen, denn wenn nach der obigen Rechnung weniger als 15 € übrigbleiben, gilt er als bedürftig im Sinne des Beratungshilfegesetzes.
Anmerkung zur Berechnung bei Prozesskostenhilfe: Würde es nicht um Beratungshilfe, sondern um Prozesskostenhilfe gehen, wäre die Berechnung dieselbe.
Variante:
Wenn Herr Meyer nicht 1.500 €, sondern 1.550 € netto verdienen würde, käme bei obigem Beispiel nicht -26 €, sondern +24 € als Berechungsergebnis heraus, also mehr als 15 €. Herr Meyer hätte dann keinen Anspruch auf Beratungshilfe, aber auf Prozesskostenhilfe, und zwar in der Form, dass er die anfallenden Gebühren und Kosten in monatlichen Raten von je 15 € bezahlen dürfte, bis zu einer Höchstgrenze von 720 €; was darüber hinausginge, würde wiederum vom Staat übernommen. Bei noch höherem Einkommen wären die Raten höher. Die genaue Tabelle findet sich im § 115 ZPO.
Rechtsanwalt Dr. Otfried Krumpholz
Stand: 1.9.2017